Kontakt

04456 / 918127
0172 / 2125142
kontakt-fellwechsel@ewe.net

c

Spendenkonto

TS FellWechsel e.V.
Landessparkasse zu Oldenburg
IBAN: DE60 2805 0100 0091 0506 41
BIC: SLZODE22XXX

Narnia: Fassungslosigkeit, Entsetzen …

… und Wut machten sich breit, als wir von einem besonders schweren Fall von Vernachlässigung und unterlassener Hilfeleistung Kenntnis bekamen.

Am Montagvormittag, 09.01.2017, wurden wir um Rat gefragt bezüglich einer Galga, die bei dem Versuch Kot abzusetzen sichtlich unter starken Schmerzen litt, und das wohl schon zum wiederholten Mal.

Auf die Schmerzen der Hündin angesprochen hatte der Besitzer der aufmerksamen Tierfreundin zur Antwort gegeben, dass die Hündin schon häufiger Verstopfungen gehabt hätte, die unter Narkose beseitigt werden mussten, er aber jetzt kein Geld habe, um sie dem Tierarzt vorzustellen. Zudem gab er freimütig zu, dass die Hündin zumeist nur sehr kurz Gassi geführt wurde und zwischen den Gassigängen sehr häufig sehr viele Stunden lagen, da der Mann sehr viel arbeiten müsse. Wir waren sprachlos. Sofort boten wir an, die Tierarztkosten erstmal zu übernehmen und ihm eine Rückzahlung auf Raten einzuräumen oder als zweite Möglichkeit, dass wir die Hündin und damit auch alle anstehenden Kosten komplett übernehmen. Nur fünf Minuten später erhielten wir die Nachricht, dass wir nun um einen Hund reicher wären und die Tierfreundin sofort losfahren und die Galga abholen würde. Die Galga hatte wohl die ganze Nacht hindurch so sehr gejammert, dass die Nachbarn bereits die Polizei wegen Ruhestörung eingeschaltet hatten. Zum Tierarzt war der Besitzer jedoch trotz Polizeieinsatz auch nach mittlerweile 18 Stunden Dauerweinen und erfolglosen Versuchen des Kotabsatzes nicht gefahren. Als die Tierfreundin mit der Hündin bei uns ankam, waren wir alle fassungslos. Hier war keine Zeit mehr für nichts, die Hündin presste und schrie dabei wie am Spieß, sobald sie aus dem Auto gehoben war, doch nichts passierte. Der Kot hing ein Stück weit aus dem Darm heraus, löste sich jedoch nicht, sondern verschwand wieder im Darminneren, sobald sie aufhörte zu pressen. Vor lauter Not biss sie um sich, sobald man sie anfasste, ihr Bauch war steinhart und ihre Schreie gingen bis ins Mark. Sofort setzen wir sie wieder ins Auto und fuhren direkt in die Tierklinik, denn warten, bis in den Tierarztpraxen die Nachmittagssprechstunde begann, war schlichtweg unmöglich. Eine Vernachlässigung dieses Ausmaßes hatten selbst die Ärzte in der Tierklinik noch nicht gesehen. Sofort übernahm die Leiterin der inneren Medizin den Fall. Es stellte sich heraus, dass die Hündin dort bereits seit 2013 mehrfach im Jahr mit Verstopfung vorgestellt worden war und aufgrund der jedesmal vorhandenen Dringlichkeit unter Narkose leergeräumt werden musste. Doch so akut wie dieses Mal war es noch nie gewesen. Der Bauchraum war völlig aufgegast und der Anus der Hündin war durch das immer wiederkehrende Pressen bereits an vielen Stellen tief eingerissen und blutete.

Die Vorstellung daran, wie unsagbar Narnia sich bereits über Tage quälte, welche Schmerzen sie ertragen musste, dass niemand in ihrem Umfeld die Notwendigkeit gesehen hat, die arme Hündin unverzüglich einem Tierarzt vorzustellen, trieb uns Tränen in die Augen und macht uns bis heute unsagbar wütend. Die Gleichgültigkeit, die der Hündin und ihren Qualen entgegengebracht wurde, ist für uns schlichtweg unverständlich.
Um der Galga noch länger andauernde Schmerzen zu ersparen, legte die Tierärztin sie sofort in Narkose und versuchte, den Darm freizuspülen. Der Kot war bereits hart wie Stein und stank extrem nach Verwesung. Der Dickdarm war bereits komplett angefüllt mit Kot, Magen und Dünndarm hingegen waren komplett leer, so dass die Hündin auch noch unter extremem Hunger litt, da sie aufgrund der Verstopfung offenbar nicht mehr fressen mochte. Den Dickdarm zu Entleeren war aufgrund der Masse des angeschoppten Kots sehr schwierig, denn der Darm war bereits so stark gedehnt, dass ein Riss drohte. Mühselig räumten die Tierärzte den Darm bestmöglich frei, jedoch konnten sie nur gut die Hälfte der Verstopfung lösen. Um der Galga eine spontane Darm-OP zu ersparen, entschied die Tierärztin, es zunächst bei diesem Eingriff zu belassen und erst einmal mit stuhllösenden Zusatzmitteln und Medikamenten zu versuchen, den restlichen Kot in den nächsten Tagen auszutreiben.

Narnia, wie die Hündin von nun an heißen wird, erholte sich in den Folgetagen nur langsam. Sie musste hochdosiert mit Schmerzmitteln behandelt werden und bekam Spezialnahrung und Zusatzmittel mit viel Flüssigkeit, was ihren Stuhl flüssig machen sollte, damit der restliche Kot mit ausgeschwemmt wurde. Noch Tagen später quälte sich Narnia zwischen dem mit den Mitteln provozierten wässrigen Durchfall kleine Betonküttel heraus, die wirklich steinhart waren und kaum auseinander zu brechen waren. Ihr Kot stank extrem nach Verwesung und sie litt weiterhin Hunger, da sie nur ganz viele ganz kleine Flüssigmahlzeiten zu sich nehmen durfte.
Nach einer Woche intensiver Betreuung war Narnia endlich über dem Berg. Ihr Darm war befreit von allen alten Kotresten und der frische Kot festigt sich langsam zu einem breiigem Durchfall. Wir sind sehr froh, dass wir ihr buchstäblich in letzter Sekunde eine Darm-OP mit ungewissem Ausgang ersparen konnten.

Die bisherigen Nachuntersuchungen stimmen uns optimistisch, machen uns aber auch weiterhin fassungslos wütend. Optimistisch, weil die Tierärzte zuversichtlich sind, dass Narnia nach einer sicherlich langen Regenerationsphase und Darmsanierung ein normales Hundeleben führen kann. Fassungslos wütend, weil Narnia keine Krankheit hat, sondern ausschließlich dank hochgradiger Vernachlässigung durch ihre Besitzer in diese unglaublich schmerzhafte Notlage kam, und das nicht nur einmal, sondern über mehrere Jahre hinweg mehrmals. Denn der einzige bisher ersichtliche Grund für die wiederkehrenden Verstopfungen ist mangelnde Bewegung und falsche Ernährung. Jeder von uns, der einen Hund hat, kann versuchen sich auszumalen, wie selten sich diese Hündin wohl außerhalb des Hauses bewegt und gelöst haben durfte, um solche Symptome zu bekommen. Ein Armutszeugnis für die Besitzer, die „kein Geld“ für die Tierarztbehandlung hatten und jahrelang die Hinweise der Tierärzte, dass diese Symptome mit regelmäßiger Bewegung und ballaststoffreichem Futter zu vermeiden sind, ignoriert haben.
Und ein Armutszeugnis für alle Menschen, die vom Schicksal der Hündin wussten, aber nichts unternommen haben, „weil es sie nichts angeht“.
Ohne Hilfe wäre Narnia innerhalb kurzer Zeit an einem Darmriss oder totalen Darmverschluss elendig eingegangen.
Was bleibt sind erst einmal ein extrem empfindlicher Magen-Darm-Trakt mit völlig zerstörter Darmflora und eine massive Verhaltensstörung. Denn jedes Mal, wenn Narnia aus dem Haus kommt, setzt sie sofort Urin ab und versucht, ein Häufchen zu machen. Dabei presst sie so heftig, dass ihr Pflegefrauchen ihr Verhalten immer wieder unterbrechen muss, um einen Darmvorfall zu vermeiden. Auch wenn sie bei geöffneter Haustür mehrmals kurz hintereinander in den Garten läuft, hockt sie sich jedesmal erneut hin, um sich zu lösen. Narnia wird sicher noch lange brauchen, um sich an die nun regelmäßigen Spaziergänge zu gewöhnen und diese Verhaltensauffälligkeit abzulegen. Sie ist im Frühjahr 2010 geboren und war bereits seit Oktober 2010 in Deutschland in ihrer Familie. Ihre ersten und gleichzeitig auch letzten Impfungen hat sie noch auf Mallorca erhalten, woher sie stammt.

Trotz allem Leid ist Narnia ein kleines Stehaufmännchen. Nachdem die Schmerzen nun weg sind, blüht sie von Tag zu Tag mehr auf. Mit viel Greyhoundblut ausgestattet genießt sie ihre ersten Rennspiele mit anderen Hunden, ärgert gerne mal die Katze, liebt ihr Prinzessinnenkissen im Haus und steht bei Wildbegegnungen mit fliegenden Ohren und völliger Begeisterung an der Leine auf den Hinterbeinen.
Wir werden dafür Sorge tragen, dass Narnia ein wunderschönes Zuhause erhält, sobald sie vermittlungsfähig ist. Narnia ist ein trauriges Beispiel dafür, wie wichtig es ist, nicht wegzuschauen, sondern sich Unterstützung zu suchen, wenn man das Gefühl hat, ein Mitgeschöpf leidet und benötigt dringend Hilfe.

Wir danken den Menschen, die nicht weggeschaut, sondern uns um Hilfe gebeten haben, wir danken den Mitarbeitern der Tierklinik, die Narnia unverzüglich behandelt und ihr Leben gerettet haben und von ganzem Herzen unserer Pflegestelle, die sofort zugesagt hat, Narnia aufzunehmen und ihr die aufwändige nötige Pflege zukommen lässt, bis sie ein neues Zuhause gefunden hat.
Dadurch, dass alle unverzüglich reagiert und an einem Strang gezogen haben, ist Narnia heute noch am Leben und auf dem Weg der Besserung.

Narnia wurde von der Pflegestelle adoptiert. Nachdem man einen solchen Leidensweg gemeinsam bestritten hat, kam eine Trennung nicht mehr in Frage.

Vorherige

Nächste